Wahrheit und Gerechtigkeit: Warum sie heute wichtiger sind denn je

Es gibt Menschen, die mich heute fragen: „Was ist eigentlich mit dir passiert?
Früher habe ich über Themen wie Obdachlosigkeit, Armut oder persönliche Lebenswenden geschrieben – heute nehme ich gesellschaftliche Entwicklungen ins Visier, hinterfrage politische Entscheidungen und spreche über Macht, Kontrolle und Wahrheit. Für manche wirkt das wie ein Bruch.

Aber in Wahrheit ist es das nicht.

Der Wendepunkt lag viel früher. Als ich selbst obdachlos war, erlebte ich, was es heißt, nicht mehr als Mensch behandelt zu werden. Ich wurde mit massiver Ungerechtigkeit konfrontiert – im medizinischen Bereich, von Behörden, durch die Polizei, finanziell, sozial. Niemand begegnete mir noch auf Augenhöhe.
Und genau in dieser Zeit begann mein Denkprozess: Was läuft hier eigentlich wirklich schief?
Diese Erfahrungen haben meine Wahrnehmung für gesellschaftliche Strukturen verändert – nicht aus Theorie, sondern aus gelebter Realität heraus.

Wenn Ihr nicht alles lesen wollt, könnt Ihr den Artikel hier anhören.

Wahrheit und Gerechtigkeit – Keine Radikalisierung

Was ich heute tue, ist keine plötzliche Radikalisierung. Es ist die Fortsetzung eines inneren Weges, der dort begonnen hat, wo ich selbst erleben musste, wie leicht ein Mensch durch Raster fällt – und wie hart das System dann sein kann.

Ich bin kein neutraler Beobachter. Und ich bin auch kein Aktivist, der irgendeine Ideologie vertritt. Was mich antreibt, ist etwas anderes – etwas sehr Persönliches und etwas Geistliches zugleich: mein Gerechtigkeitssinn. Und der sitzt tief.

Ich glaube, es ist eine Mischung aus meiner Persönlichkeitsstruktur und meinem Glauben.

Ich bin hochbegabt und autistisch – das heißt: Ich nehme Zusammenhänge oft schneller und tiefer wahr, und ich habe eine sehr niedrige Toleranz für Widersprüche, Unstimmigkeiten und vor allem für Unehrlichkeit. Ich kann Dinge nicht einfach „übersehen“, wenn sie falsch laufen.

Aber noch entscheidender: Ich bin Christ. Und aus meinem Glauben heraus weiß ich, dass Gott ein Gott der Wahrheit und der Gerechtigkeit ist. Es ist kein Nebenschauplatz im Glauben – es ist zentral. Und wenn Menschen bewusst ungerecht behandelt werden, wenn Strukturen geschaffen werden, die Menschen klein machen, manipulieren oder zum Schweigen bringen – dann ist das nicht einfach ein politisches Problem. Dann ist das ein moralisches.

Ich habe in meinem Leben selbst erlebt, wie sich Ungerechtigkeit anfühlt. Nicht theoretisch – ganz konkret. Als ich obdachlos war, hat sich fast niemand mehr für meine Würde interessiert. Ich wurde nicht als Mensch wahrgenommen, sondern als Problem. Ich habe erlebt, wie Behörden über Menschen hinwegentscheiden, wie medizinische Hilfe verweigert wird, wie Menschen durch Raster fallen – und wie wenig das System darauf vorbereitet ist, mit Mitgefühl oder Verständnis zu reagieren.

Das hat mich verändert. Und es hat mir die Augen geöffnet.

Wahrheit und Gerechtigkeit: Nicht dagegen, sondern dafür

Seitdem kann ich nicht mehr einfach alles hinnehmen. Wenn ich sehe, wie heute Debatten unterdrückt, kritische Stimmen ausgeblendet und gesellschaftliche Entwicklungen unreflektiert durchgewunken werden, dann reagiere ich nicht „politisch“ – sondern menschlich. Und aus dem heraus, woran ich glaube.

Ich will nicht hetzen. Ich will nicht zerstören. Aber ich will auch nicht schweigen.

Mein Antrieb ist nicht, „gegen etwas“ zu sein. Ich bin für etwas: Für Wahrheit. Für Würde. Für eine Gesellschaft, die wieder unterscheiden lernt – zwischen Recht und Macht, zwischen Meinung und Manipulation. Und ich glaube, dass Gott genau diesen Mut zur Wahrheit liebt.

So sehr sich meine Themen in den letzten Monaten auch erweitert haben – eines ist gleich geblieben: mein innerer Maßstab. Ich habe nicht den Glauben verloren. Ich habe mich nicht radikalisiert. Ich bin auch nicht „abgedriftet“. Im Gegenteil: Ich bin aufmerksamer geworden. Wacher. Klarer.

Meine Grundwerte haben sich nie geändert: Wahrheit, Menschlichkeit, Aufrichtigkeit, Verantwortung, Gewaltfreiheit.
Ich lehne jede Form von Hetze, Fanatismus oder menschenverachtender Sprache ab. Ich glaube nicht an Aufstände, an Revolutionen oder an den „großen Umsturz“. Denn am Ende hängen immer die Falschen an den Bäumen – und das will ich nicht verantworten.

Ich werde niemals zu Gewalt aufrufen. Niemals.
Was ich stattdessen will, ist etwas viel Schwierigeres: einen Weg finden, wie man Dinge offen ansprechen kann, ohne zu verletzen – und ohne zu lügen.

Worte haben Gewicht und Macht

Ich weiß, dass Worte Gewicht haben. Gerade in Zeiten wie diesen. Deshalb wähle ich meine Worte bewusst. Ich spreche Dinge an, weil ich glaube, dass sie ausgesprochen werden müssen – nicht weil ich provozieren will.
Und wenn meine Worte deutlich sind, dann nicht, weil ich laut sein will, sondern weil ich klar sein muss.

  • Ich bin kein Teil eines Lagers.
  • Ich denke nicht in rechts und links.
  • Ich denke in aufrecht oder verdreht, in wahrhaftig oder manipulativ, in menschlich oder entmenschlichend.

Und dieser Maßstab gilt für alle – egal auf welcher Seite sie stehen.

Ich hätte mich auch zurückziehen können. Mich auf das konzentrieren, was in meiner kleinen Welt passiert. Mich aus dem Diskurs raushalten, um niemanden zu irritieren oder anzuecken.

Aber das kann ich nicht.
Nicht, wenn ich sehe, was passiert.

Wir leben in einem Zeitenwandel

Wir leben in einer Zeit, in der viele Dinge gesagt werden dürfen – solange sie in ein bestimmtes Raster passen. Und in der man sehr vorsichtig sein muss, wenn man aus diesem Raster herausfragt. Wer unbequeme Dinge anspricht, wird schnell etikettiert: „radikal“, „verwirrt“, „gefährlich“. Aber ich glaube, das Schweigen aus Angst ist noch gefährlicher. Wahrheit und Gerechtigkeit sind zu einem seltenen Gut geworden.

  • Ich werde öffentlich, weil ich glaube, dass das Schweigen dort, wo Wahrheit auf dem Spiel steht, am Ende zur Mittäterschaft wird.
  • Ich spreche, weil ich Verantwortung empfinde – nicht weil ich Recht haben muss.
  • Und ich stelle Fragen, weil ich überzeugt bin, dass Wahrheit nie Angst vor Fragen haben sollte.

Ich glaube an das Gespräch. An die Auseinandersetzung. An den mündigen Menschen. Und ich glaube, dass Gott uns nicht dazu berufen hat, mit dem Strom zu schwimmen, sondern gerade dort aufzustehen, wo es unbequem wird.

  • Ich will niemanden bekehren.
  • Ich will niemanden auf meine Seite ziehen.
  • Ich will nur sagen, was ich sehe – und warum ich nicht mehr einfach mitmachen kann.

Ich weiß, dass ich nicht alles weiß. Ich sehe nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit – wie jeder Mensch. Aber es gibt etwas, das mich leitet, auch wenn vieles im Außen unsicher oder chaotisch wirkt: mein Glaube. Und das, was ich aus ihm ableite.

Wahrheit und Gerechtigkeit – Wirklich existent?

Ich glaube daran, dass es so etwas wie Wahrheit wirklich gibt – nicht als Meinung, sondern als Maßstab, der über uns steht. Ich glaube daran, dass Gerechtigkeit nicht beliebig ist, sondern dass sie einen Ursprung hat: bei Gott. Und ich glaube, dass wir Menschen nicht einfach Zuschauer sein sollen, wenn dieser Maßstab verrutscht.

Was mich leitet, ist keine Ideologie, keine Partei, keine Bewegung.
Es ist das stille Wissen: Wenn ich Ungerechtigkeit sehe und schweige – dann verliere ich mich selbst.

Ich frage mich bei allem, was ich tue:

  • Dient es dem Leben – oder der Angst?
  • Führt es in Klarheit – oder in Verwirrung?
  • Baut es auf – oder reißt es nieder?

Ich werde Fehler machen, ganz sicher. Aber ich will sie in der Wahrhaftigkeit machen, nicht im Zynismus. Und ich will lernen, mich korrigieren zu lassen – aber nicht verbiegen.

Ich will kein Held sein. Kein Vorbild. Ich will einfach nur aufrecht bleiben. Und sagen können: Ich habe hingeschaut. Ich habe gefragt. Ich habe gesprochen. Die Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit ist etwas aktives. Nichts was einfach da ist.

Keine Rechtfertigung sondern ein Sichtbarmachen

Dieser Text ist keine Rechtfertigung. Es ist ein Versuch, sichtbar zu machen, warum ich tue, was ich tue.
Ich weiß, dass nicht jeder diesen Weg versteht. Manche fragen sich vielleicht, wie jemand, der sich früher für Obdachlose eingesetzt hat, heute plötzlich über Macht, Kontrolle und Wahrheit schreibt.

Aber für mich ist das kein Widerspruch. Es ist dieselbe Haltung – nur an einem anderen Ort.

Ich richte mich mit diesem Text an zwei Gruppen:
An die Menschen, die mir schon länger folgen – und sich vielleicht irritiert fragen, was da gerade passiert.
Und an die, die mich erst jetzt entdecken – über meine kritischen Inhalte, meine Gedanken, meine Fragen.

Euch beiden möchte ich sagen: Ich bleibe, wer ich bin. Ich bleibe in der Verantwortung – vor Gott, vor mir selbst, vor den Menschen, denen ich diene.
Ich werde weiter schreiben. Weiter fragen. Weiter hinschauen.
Aber immer mit dem Versuch, es ehrlich zu tun. Und mit einem offenen Ohr für jeden, der den Austausch sucht.

Ich lade euch ein, diesen Weg ein Stück mitzugehen – nicht weil ich Antworten habe, sondern weil ich glaube, dass das Fragen selbst schon ein Akt der Freiheit ist.

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